Herr Gatz, Sie haben an der Technischen Universität München studiert, promovierten zu Passivierungslayern. Nach Stationen bei SolarWorld, Manz und Meyer & Burger kamen Sie 2019 zu VON ARDENNE. Was unterscheidet VON ARDENNE technologisch oder strategisch von anderen Anbietern?
Sebastian Gatz: VON ARDENNE ist technologisch tief in der Vakuumbeschichtung verwurzelt – insbesondere für Anwendungen, bei denen Präzision, Reproduzierbarkeit und Skalierbarkeit entscheidend sind. Was uns besonders auszeichnet, ist die Fähigkeit, unsere Technologieplattformen in unterschiedlichen Industrien gezielt einzusetzen. Photovoltaik ist sicher ein gutes Beispiel, wo unsere Kunden mittlerweile über 70 GW Produktionsequipment in Betrieb genommen haben. Aber auch in aufkommenden Bereichen wie der Wasserstoffwirtschaft setzen Kunden auf VON ARDENNE.
Strategisch denken wir über einzelne Maschinen hinaus: Wir begleiten Kunden beim Übergang vom Labor über die Pilotierung bis hin zur industriellen Gigawatt‒Produktion. In diesem Zusammenspiel aus Technologie, Prozess‒Knowhow und kundennaher Umsetzung sehen wir unseren größten Mehrwert – gerade in einem dynamischen Umfeld wie dem der Erneuerbaren Energien.
Perowskit‒Tandemzellen gelten als nächster großer Effizienzsprung in der Solarproduktion. Wie schätzen Sie das Marktpotenzial ein – und welche Herausforderungen sehen Sie für VON ARDENNE konkret bei der Skalierbarkeit und Langzeitstabilität?
Gatz: Tandemzellen auf Perowskit‒Basis sind technologisch hochspannend und bieten das Potenzial, die Grenzen des heute Machbaren in der Photovoltaik signifikant zu verschieben. Besonders attraktiv ist dabei der Effizienzgewinn ohne Erhöhung der Modulfläche. Die Herausforderungen liegen allerdings nicht nur in der Materialentwicklung, sondern vor allem in der industriegerechten Umsetzung: Prozesse müssen skalierbar, stabil und wirtschaftlich darstellbar sein. Genau hier bringen wir uns ein – mit Expertise in der präzisen Abscheidung komplexer Schichtsysteme, wie sie für Perowskit‒Metalloxid‒Kombinationen benötigt werden. Auch Fragen der Langzeitstabilität unter industriellen Umgebungsbedingungen adressieren wir gemeinsam mit Forschungspartnern – nicht nur im Zellmaßstab, sondern entlang des gesamten Produktionsprozesses.
Außerhalb der Photovoltaik kommen Ihre Vakuumbeschichtungssysteme ebenfalls zum Einsatz (zum Beispiel in Anlagenentwicklung, Materialforschung oder im Transferprozess). Wo und wie nutzt Ihr Unternehmen diese Synergien?
Gatz: Ein großes Beispiel ist aktuell die Wasserstoffwirtschaft: Hier ergeben sich Synergien zwischen PV, Batterie und Elektrolyse, etwa bei der Entwicklung neuer Schichtmaterialien für Katalysatoren, Membranen oder Bipolarplatten. Unsere Vakuumbeschichtungssysteme ermöglichen eine präzise Steuerung solcher Prozesse – etwa bei der Abscheidung funktionaler Metallschichten oder bei Barriereschichten für Brennstoffzellenkomponenten.
Die Erfahrung aus der Photovoltaik – Stichwort hohe Taktzahlen, Inlinefähigkeit und Prozessstabilität – übertragen wir gezielt auf diese neuen Anwendungen. Und umgekehrt lernen wir aus Projekten in der Wasserstoffforschung, etwa im Hinblick auf Materialkombinationen oder Langzeitverhalten unter elektrochemischen Bedingungen. Das fördert Innovation über Branchengrenzen hinweg.
Das Thema Lieferketten ist omnipräsent und auch brisant. Welche strategischen Allianzen sind für VON ARDENNE im geopolitischen Kontext aktuell relevant?
Gatz: In dynamischen Industrien wie Photovoltaik und Wasserstoff sind stabile, resiliente Lieferketten essenziell – nicht nur im Hinblick auf Komponenten, sondern auch auf Prozesse, Materialien und Knowhow. VON ARDENNE setzt hier auf strategische Partnerschaften in mehreren Regionen der Welt. Wir arbeiten eng mit europäischen, asiatischen und zunehmend auch nordamerikanischen Partnern zusammen, um Technologie‒ und Fertigungskapazitäten lokal verfügbar zu machen.
Sie sind beim CLEAN TECH INNOVATION DAY & SOLAR TAP INDUSTRY DAY in Heidelberg in der Speakerrolle. Was möchten Sie in die Diskussion einbringen – und was erhoffen Sie sich im Gegenzug?
Gatz: Ich möchte die Perspektive der Produktions‒ und Prozesstechnologie einbringen – und zwar als Schlüssel zur Umsetzung von Innovation in industrielle Realität. Die beste Zellarchitektur oder das effizienteste Elektrolysematerial bleibt akademisch, wenn es nicht wirtschaftlich hergestellt werden kann. Deshalb plädiere ich für ein stärkeres Zusammendenken von Forschung, Produktdesign und Produktion – gerade in Bereichen wie Perowskit‒PV oder Elektrolyseure, wo die Skalierbarkeit noch nicht selbstverständlich ist.
Im Gegenzug freue ich mich auf Impulse aus Start‒ups, Forschungseinrichtungen und Industrie – besonders an den Schnittstellen von PV, Wasserstoff und Speichertechnologien. Solche Events sind für uns nicht nur Bühne, sondern auch Labor – für neue Ideen, Partnerschaften und Perspektiven.