iL-CURRENT
3. September 2025
Keynote‒Speaker Gunter Erfurt: „Technologie allein reicht nicht“
„Ohne aktive Industriepolitik und echte heimische Wertschöpfung verlieren wir volkswirtschaftliche Stärke und Souveränität. Europas Chance liegt darin, Innovation konsequent zu skalieren“, sagt Dr. Gunter Erfurt im iL‒Experteninterview, mit dem wir unsere Serie „Fünf Fragen an …“ eröffnen. Er steht dafür, dass Europa die Energiewende selbst in die Hand nehmen muss. Der promovierte Physiker leitete bis 2024 den Schweizer Solarkonzern Meyer & Burger und trieb dort den radikalen Umbau vom Maschinenbauer zum Photovoltaik‒Hersteller voran. Mit seiner Vision, die modernste Solarzellenfertigung zurück nach Europa zu holen, wurde er zu einer Schlüsselfigur der Branche – ausgezeichnet mit dem Becquerel‒Preis 2023.
Am 15. Oktober ist er Keynote‒Speaker bei unserem CLEAN TECH INNOVATION DAY & SOLAR TAP INDUSTRY DAY im Heidelberg Congress Center (HCC) – und spricht über Chancen und Risiken einer sauberen, unabhängigen Energiezukunft.
Keynote‒Speaker am 15. Oktober im Heidelberg Congress Center: Dr. Gunter Erfurt stimmt beim CLEAN TECH INNOVATION DAY & SOLAR TAP INDUSTRY DAY die Expertinnen und Experten auf das Thema Wasserstoff‒ und Solartechnologie ein. Bild: Privat
Fünf Fragen an ... Gunter Erfurt
Herr Erfurt, Sie haben Meyer & Burger strategisch neu ausgerichtet und konsequent auf europäische Solarproduktion umgestellt. Was waren aus Ihrer Sicht die entscheidenden Erfolgsfaktoren und welche Lehren lassen sich daraus für andere Technologieunternehmen ziehen?
Gunter Erfurt: Erfolg hatte vor allem drei Gründe: Erstens der Mut zum klaren Schnitt – weg vom Maschinenbau hin zum Solarhersteller mit Technologiefokus. Zweitens das Alleinstellungsmerkmal durch Hochleistungstechnologie, statt bloß günstiger zu produzieren. Und drittens starke Partnerschaften mit Politik, Forschung und Investoren. Die Lehre für andere: Manchmal braucht es eine radikale strategische Wette, konsequent umgesetzt, um ganze Branchen neu zu erfinden. Leider ist das Projekt final gescheitert, da der industriepolitische Wille fehlte und Europa sich ohne Gegenwehr der Abhängigkeit Chinas ausgeliefert hat.
Der Aufbau einer europäischen Photovoltaik‒Wertschöpfungskette gilt als essenziell für die Energie‒ und Versorgungssicherheit. Wo sehen Sie aktuell die größten Lücken und wie lassen sich diese schließen?
Erfurt: Faktisch haben derzeit alle europäischen Hersteller ihre Produktion eingestellt oder sind insolvent. Die größten Lücken liegen damit nicht nur in den Vorstufen, sondern in der gesamten industriellen Wertschöpfung. Schließen ließe sich diese Lücke nur durch eine koordinierte europäische Industriepolitik, die Produktion und Nachfrage gleichermaßen absichert – ähnlich wie es die USA und China vormachen. Ohne einen solchen Rahmen bleibt Europa vollständig abhängig von Importen.
Meyer & Burger hat sich frühzeitig auf hochinnovative Zelltechnologien wie HJT und Tandemzellen konzentriert. Welche technologischen Durchbrüche sehen Sie bis 2030 als marktrelevant an und welche Gefahr geht dabei von globalen Wettbewerbern aus?
Erfurt: Ab circa 2030 werden Tandem‒Solarzellen beginnen, den Markt zu prägen – mit realistischen Wirkungsgraden von bis zu 35 Prozent. Parallel dazu eröffnen neue Materialien den Weg zu leichten, flexiblen Modulen für Gebäudeintegration und Agri‒PV. Auch organische PV wird in Nischen, etwa bei transparenten oder hochflexiblen Anwendungen, eine Rolle spielen. Zusätzlich wird die Verbindung von PV mit KI‒Systemen für Endkunden entscheidend – von smarter Steuerung bis zu autonomen Energiegemeinschaften. Die größte Gefahr bleibt der globale Wettbewerb: Staaten wie China oder die USA bringen Innovationen sofort in Gigawattmaßstab. Europa hat die Technologien – entscheidend ist, ob es diesmal auch die industrielle Umsetzung schafft.
Sie haben sich wiederholt zur Notwendigkeit einer aktiven europäischen Industriepolitik geäußert. Was muss jetzt passieren, damit Europa im globalen Wettbewerb nicht nur mithält, sondern vorangeht?
Erfurt: Der Net Zero Industry Act ist europäisches Gesetz – jetzt müssen die 27 Mitgliedsstaaten liefern. Es geht um nicht weniger als den Erhalt heimischer Wertschöpfung in den Schlüsseltechnologien Solar, Wind, Batterien und Wasserstoff. Wenn wir hier nicht konsequent Nachfrage sichern, Produktion lokal fördern und ganze Wertschöpfungsketten aufbauen, verlieren wir industrielle Stärke und Souveränität an andere Regionen. Europas Chance liegt in Differenzierung: Tandemzellen bis 35 Prozent, leichte Module für Gebäudeintegration und Agri‒PV sowie KI‒vernetzte Systeme.
Auf welche Themen freuen Sie sich beim CLEAN TECH INNOVATION DAY & SOLAR TAP INDUSTRY DAY 2025 in Heidelberg besonders und was möchten Sie der Community mit Ihrer Keynote mitgeben?
Erfurt: Ich freue mich auf spannende Diskussionen zu CleanTech – von Tandem‒Solarzellen über Batterien bis hin zu Wasserstoff – und besonders auf mutige Menschen, die vorangehen, statt sich in einer angestaubten Vergangenheit zu verstecken. Mit meiner Keynote möchte ich der Community mitgeben: Technologie allein reicht nicht. Ohne aktive Industriepolitik und echte heimische Wertschöpfung verlieren wir volkswirtschaftliche Stärke und Souveränität. Europas Chance liegt darin, Innovation konsequent zu skalieren.
Verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Solar- und Energiewirtschaft: Gunter Erfurt. Bild: Privat
About the person
Dr. Gunter Erfurt (Jahrgang 1973) ist Physiker, Ingenieur und international erfahrene Führungspersönlichkeit mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Solar- und Energiewirtschaft. Von 2020 bis 2024 führte er Meyer Burger als CEO durch die strategische Neuausrichtung zu einem integrierten Solartechnologie-Unternehmen. Zuvor war er in leitenden Positionen bei SolarWorld und Deutsche Solar tätig. Heute ist er als Aufsichts- und Beiratsmitglied sowie als Partner in verschiedenen Unternehmen aktiv – u. a. in den Bereichen Solar, Batterien, Wasserstoff und CleanTech. Er bringt seine Expertise in Industriepolitik, Technologieentwicklung und internationaler Unternehmensführung in europäische und transatlantische Innovationsnetzwerke ein. Über aktuelle Engagements/Funktionen/Verantwortlichkeiten:
- Aufsichtsratsvorsitzender Next2Sun AG (Deutschland) - Partner & Aufsichtsrat Agnostic Industries AI Holding GmbH & Co. KG (DE) - Beirat Swift Solar Inc. (USA) - Beirat ElementarHy GmbH (DE) - Beirat Atreus GmbH (DE) - Vorstandsmitglied Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (DE) - Board Member SolarPower Europe in Brüssel (Belgien) - Wissenschaftlicher Beirat Institut für Solarenergieforschung Hameln (DE)
Venue and registration
Heidelberg Congress Center (HCC)
October 15 , 2025 - all day
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Joachim Klaehn
Head of Communications
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